Was hinterlasse ich?

Immer wieder laufen sie mir über die Füße, die selbstausgedruckten Zettel an öffentlichen oder weniger öffentlichen Toiletten – oder an anderen Orten, auf denen steht, was man alles NICHT tun soll, wobei das Nicht häufig 19 mal unterstrichen ist.

Schade, denke ich jedes mal. Denn das Gehirn der Menschen kennt kein Nicht. Es kann mit einem Nein nicht umgehen. Mit klaren Anweisungen können dagegen 98% der Gehirne umgehen. Und 2% kommen am besten mit Denkanstößen zurecht.

Und Schade, denke ich nochmal. Denn was sagt das über uns, über mich aus, wenn ich etwas für die anderen hinterlasse, was mir selber wohl auch nicht gefallen würde?

Anhand einer öffentlichen Toilette kann man das wohl am plakativsten erkennen. Stell dir vor, du musst dringend. Wirklich dringend. Und die Stadt, in der du dich gerade befindest, war so großzügig, eine öffentliche Toilette aufzustellen. Sogar kostenlos für Besucher. Du eilst also an diesen Ort (der in dem Fall glücklicherweise 6 geschlossene Wände hat) und was du dort vorfindest, erhöht deinen Brechreiz dergestalt, dass dir nicht nur extrem übel wird, sondern dein Mund schon wässrig und du dich wirklich beeilen musst. Dass es an diesen Orten nie gut duften kann ist die eine Seite, aber die andere Seite ist das, was Menschen an solchen Orten gern hinterlassen: Spuren ihrer diversen Hinterlassenschaften an diversen Stellen der 6 Wände – oder schlimmeres. Wenn man schon so viele Jahre auf der Welt lebt wie ich, hat man, was das angeht, leider schon so einiges gesehen. Und was mache ich jetzt? Ist es mir egal, wohin ich mein Geschäft verrichte, es sieht ja eh schon so aus? Ist es mir egal, was ich hinterlasse, weil es ja für mich keine Rolle mehr spielt, denn wenn ich diese müffeligen und unangenehmsten 6 Wände verlassen habe ist der Rest aus meinem Sinn gewischt?

Wenn ich mich auf dieser Welt so umschaue sehe ich viele Menschen, die nie darüber nachdenken, was sie hinterlassen. Nicht nur auf öffentlichen Toiletten, sondern in ihrem ganzen Leben. Und ich persönlich glaube, dass die öffentlichen Toiletten eine Verlängerung des Innenlebens vieler Menschen sind. Wie sie in ihrem Leben agieren und was sie hinterlassen bzw. welche Rolle etwas für sie spielt, dem sie für den Moment den Rücken zukehren. Und das lässt tief blicken. Schau dir die öffentlichen Toiletten eines Ortes an – und du weißt so einiges über die Menschen, die sich dort aufhalten. Hast du darüber mal nachgedacht?

Kennst du den Spruch ‚Hinter mir die Sintflut‘? Er beschreibt Menschen, die sich nur um sich selbst drehen, wie der Stab eines Kreisels, unbekümmert um die Folgen ihres Handelns. Wie viele Menschen in deinem Umfeld leben nach diesem Motto, zumindest in einigen Bereichen ihres Lebens? Und Hand aufs Herz, gibt es nicht auch in deinem Leben Aspekte, wo du ähnlich denkst? Nehmen wir mal das bildliche Beispiel von oben: die öffentliche Toilette. Stell dir vor, du findest schöne, saubere und sogar fast gut duftende Orte vor. Wie würdest du das finden? Würdest du in diesem Moment den Impuls verspüren, diesen Zustand zu bewahren? Oder würdest du achselzuckend denken: ‚Es ist ja nur eine öffentliche Toilette, was kümmern mich die Nächsten? Diese scheinbar banale Situation wirft eine tiefere Frage auf: Wie sehr fühlen wir uns verantwortlich für die Welt, die wir für andere hinterlassen? Denn wir werden sie eines Tages ver-lassen – und was hinter-lassen wir dann? Sind wir bereit, über unseren eigenen unmittelbaren Komfort hinauszudenken?

Und das nur am Beispiel der öffentlichen Toilette. Öffentliche Toiletten sind wie ein Spiegel unserer Gesellschaft. Sie zeigen uns, wie Menschen sich verhalten, wenn sie denken, niemand schaut hin. Und das Bild, das sich oft bietet, lässt tief blicken.

Und was ist mit all den anderen Dingen, die uns, unser Leben hier auf Terra Mater betreffen? Unser Wasser, unser Konsum, die Luft, die wir atmen?

Nimm einen beliebigen Ort, den du in der nächsten Zeit besuchen willst: ein Geschäft vielleicht, einen anderen Menschen, ein Parkplatz zum Spazieren. Stell dir vor, wie du diesen Ort vorfinden willst. Was dich erfreuen würde. Und stell dir dazu vor, dass es Menschen gibt, die dafür sorgen, dass das auch so wird – so wie du jemand bist, der dafür sorgt, dass das so ist. Wir alle zusammen können dafür sorgen, dass es so bleibt. Wir können, jederzeit und überall, diese Welt zu einem besseren Ort machen.

Hinterlasse JEDEN Ort so, wie du ihn auch vorfinden möchtest!

Und mache an jedem Ort die Welt ein bisschen besser. Heb ein Stückchen Papier, oder Müll, der herumliegt, auf, und wirf es in den Müll. Sag Bescheid, wenn die Toilette verstopft ist. Wasch deine Hände und lasse sie lufttrocknen. Sag Danke für öffentliche Notdurftserledigungsmöglichkeiten. Sag Danke den Menschen, die deinen Müll mit wegräumen. Sei freundlich – und vergiss nie: du hinterlässt immer etwas. Einen energetischen Abdruck, wo du auch bist. Jeder Ort, den wir besuchen, jede Interaktion, die wir haben, hinterlässt einen Abdruck. Wie willst du in Erinnerung bleiben? Als jemand, der nur nimmt, achtlos und wertlos, oder als jemand, der die Welt ein kleines bisschen besser zurücklässt? Wie willst du die Welt vorfinden, wenn du nochmal herkommst?

Habt´s fein. Eure Susa.